Der Urner Umweltrat positioniert sich in der Diskussion um den Ausbau der erneuerbaren Energien. Er setzt sich für Projekte ein, die der Umwelt möglichst keinen Schaden zufügen. Deshalb hat für ihn die Solarenergie auf Hausdächern, der Ausbau des Stausees Göscheneralp und die Erweiterung der Windkraftanlage Gütsch Priorität.

Die Urner Umweltorganisationen WWF, Pro Natura, VCS und ÄrztInnen für den Umweltschutz (AefU) beziehen Stellung zu den verschiedenen Projekten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Uri. Dem Ausbau des Windparks des EW Ursern auf dem Gütsch steht der Rat klar positiv gegenüber. Diese Region ist bereits heute durch bestehende Windkraftanlagen und Skiinfrastrukturen beeinträchtigt.

Vernachlässigter Ausbau Göscheneralp

Schon vor mehr als zehn Jahren haben die Umweltorganisationen einer Erhöhung des Göscheneralp-Staudamms um 8 Meter zugestimmt. Auch die vom Bund nun favorisierte Erhöhung um 15 Meter und der damit verbundene Ausbau der ganzen Reusskaskade gemäss der Liste, die vom Runden Tisch Wasserkraft im Dezember 2021 aufgestellt wurde, akzeptiert der Urner Umweltrat. Die Details wird er prüfen, wenn ein Projekt vorliegt. Speicherseen haben vor allem für die kritische Winterstromversorgung grosse Bedeutung. Sie sind eine ideale Ergänzung zur Photovoltaik, die den Schwerpunkt der Stromproduktion im Sommerhalbjahr hat. Umso erstaunter ist der Umweltrat, dass in der Göscheneralp nicht schon längst die Baumaschinen aufgefahren sind, um das Ausbruchmaterial aus der zweiten Gotthardröhre zu verwerten.

Kein Verständnis haben die Umweltorganisationen für die vom Regierungsrat favorisierte Verstromung der Meienreuss, dem letzten grösseren Wildbach unseres Kantons.  Ein Meienreuss-Kraftwerk würde auch nur den Sommerstrom vermehren, aber praktisch nichts zur Deckung der Winterstromlücke beitragen. Die Organisationen plädieren für einen Verzicht auf diese Nutzung, welche die Landschaft, das Ökosystem und den Fischbestand schädigen würde. Stattdessen soll beim Bund der Landschaftsrappen als Entgelt für die Nicht-Nutzung beantragt werden.

Ungenutztes Solarenergiepotenzial

In Übereinstimmung mit dem geltenden kantonalen Richtplan (Richtplan 2016, Kapitel 7.5-5) lehnen die Urner Umweltorganisationen grossflächige freistehende Photovoltaikanlagen als Verschandelung der Landschaft ab. Richtigerweise stellt der Richtplan fest: «Das hohe Potential an Solarenergie soll im Kanton Uri auf bereits überbautem Gebiet und an bestehenden Infrastrukturen genutzt werden. Auf die Erstellung grossflächiger freistehender Photovoltaikanlagen wird grundsätzlich verzichtet.» (Richtplan 2016, Kapitel 7.5) Und im Schutz- und Nutzungskonzept erneuerbare Energien (SNEE) wird der Grundsatz bekräftigt, den auch die Umweltorganisationen teilen: «Aufgrund des hohen landschaftlichen und ökologischen Potenzials im Kanton Uri wird auf die Erstellung grossflächiger freistehender Photovoltaikanlagen (> 1000 m2) grundsätzlich verzichtet.» (SNEE, Kapitel 4.4.1, S. 49)

Den PV-Grossanlagen steht das riesige, fast ungenutzte Potenzial der Solarenergie auf Gebäuden von rund 300 GWh (15mal so viel wie das KW Meiental) gegenüber. Auf der Rangliste der Kantone liegt Uri bei der Nutzung der Solarenergie auf dem viertletzten Rang (Stand Dezember 2022). Appenzell Innerrhoden erzeugt schon heute fast viermal so viel Solarstrom pro Kopf wie Uri.

Die Umweltorganisationen fordern deshalb, dass alle neuen und innerhalb einer bestimmten Frist auch alle bestehenden Gebäude mit PV-Anlagen ausgerüstet werden, allenfalls von den Elektrizitätswerken in einem Contracting-Modell. Der Kanton soll gemäss Regierungsprogramm und Gesamtenergiestrategie dabei seine Vorbildfunktion wahrnehmen, auch gegenüber den Gemeinden. Zusätzlich zu den Gebäuden kann er auch zahlreiche weitere Infrastrukturen wie Lärmschutzwände etc. für die Stromerzeugung nutzen. Wichtig ist auch, dass die Bevölkerung über die Möglichkeiten der Solarenergie proaktiv informiert werden und den Solarfirmen die passenden Rahmenbedingungen für eine rasche Umsetzung geschaffen werden. Ohne diese Massnahmen ist der Solarstromausbau gemäss den Zielen der Gesamtenergiestrategie nicht zu erreichen.