Der Urner Umweltrat als Beispiel für gemeinschaftliche Umweltschutz-Arbeit

Der UUR wurde 1992 gegründet und feiert 2022 sein 30-jähriges Bestehen. Die Mitglieder im Lauf der Jahre waren wechselnd. Trotzdem hielt die Zusammenarbeit seit Beginn an. Heute sitzen als harter Kern im Gremium: Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz Uri, Pro Natura Uri, der VCS Uri und der WWF Uri sowie situativ Mountain Wilderness. Anfänglich waren noch weitere Organisationen wie das Alpeninitiative Uri, der Urner Heimatschutz, der Tierschutzverein Uri, Bio Uri oder Bioterra dabei, die es teilweise nicht mehr oder nur noch ohne Urner Sektion gibt.

Aus der Not geboren

Der UUR sei aus der Not geboren worden, sagt Alf Arnold, langjähriger Geschäftsführer der Alpen-Initiative und Gründer des VCS Uri. Der Zusammenschluss der Urner Umweltorganisationen sei eine Frage der Notwendigkeit, denn die einzelnen Umweltverbände sind im Kanton Uri zu klein, um wahrgenommen und gehört zu werden, die Ressourcen zu knapp für den Alleingang. «Im Zusammenschluss jedoch hat man ein gewisses Gewicht und dadurch mehr Einfluss und Macht und entfaltet so gegen aussen mehr Wirkung. Der Kanton hat einen Ansprechpartner. Die Umweltverbände sprechen mit einer Stimme, gegeneinander ausgespielt werden war gestern.»

Zahlreiche Themen, schlanke Administration

Im Umweltrat kommt viel Know-how aus verschiedensten Fachgebieten zusammen: zur Lufthygiene, zum Lärmschutz und zum Elektrosmog, wo vor allem AefU aktiv ist und Politik und Öffentlichkeit seit Jahren für die Zusammenhänge von Umwelteinflüssen und Gesundheit sensibilisiert, zu Klima und Energie und zum Gewässerschutz, wo der WWF ein Hauptgewicht hat, zu Naturschutz und Biodiversität, wo die älteste Mitglied-Organisation, Pro Natura, ihr umfassendes Wissen einbringt, bis hin zu Strassen und Verkehr, was primär die Domäne des VCS sind. Und gar oft überschneiden sich die Themen und Probleme, weil der Verkehr Lärm macht und die Luft verschmutzt, Wasserkraftwerke Biotope zerstören oder touristische Infrastrukturen die Landschaften oder Bikewege unsere Wildbestände bedrohen.

Ansprechpartner für Behörden und Öffentlichkeit

Der Urner Umweltrat ist ein kompetenter Ansprechpartner für die Behörden aller Stufen. Mit den zuständigen Ämtern des Kantons finden regelmässige Treffen statt, die dem gegenseitigen Informationsaustausch dienen. Behörden sollen erfahren, wo der Umwelt der Schuh drückt, und die Umweltorganisationen sind froh, frühzeitig über laufende Projekte orientiert zu werden und ihre Meinung und ihr Know-how einbringen zu können. Nicht immer sind sich Organisationen und Behörden einig. Das Schutz- und Nutzungskonzept erneuerbare Energien (SNEE) wurde von den Umweltorganisationen nicht unterschrieben, weil die Interessen der Nutzung aus ihrer Sicht zu hoch gewichtet wurden.

Im Umweltrat werden auch Vernehmlassungen zu geplanten Rechtserlassen oder Projekten abgesprochen, etwa wenn es um das Jagdgesetz geht und wieder einmal Wolf, Luchs und Bär oder der Schneehase und das Schneehuhn gefährdet sind, oder wenn Bikewege die Ruhe der Wälder stören.

Ohne engagierte Kantone kann die Energiewende nicht gelingen. Darum hat der WWF die Energiepolitik der Kantone im Gebäudebereich bewerten lassen und verglichen. Die Studie vom August 2019 zeigt, dass die Zentralschweizer Kantone dabei im Schweizer Vergleich schlecht bis miserabel abschliessen. Deshalb setzt sich der Urner Umweltrat auch weiterhin für ein zeitgemässes Energiegesetz ein.

Anwältinnen der Umwelt

Die Umweltorganisationen sind auch vom Gesetzgeber beauftragte Anwältinnen der Umwelt. Die Urner Sektionen wachen aufmerksam, dass in Uri Umweltgesetze eingehalten und umgesetzt werden. Alle fünf Organisationen sind beschwerdeberechtigt, wenn es um Projekte geht, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäss Umweltschutzgesetz unterliegen. Pro Natura, WWF und MW sind auch nach dem Natur- und Heimatschutzgesetz beschwerdeberechtigt, und der VCS nach dem Fuss- und Wanderweggesetz. Auch nach dem kantonalen Gesetz über Natur- und Heimatschutz sind Natur- und Heimatschutzorganisationen mit Sitz in Uri beschwerdeberechtig. Die Macht der Organisationen ist allerdings wie diejenige von andern Anwälten beschränkt. Sie können nur die Einhaltung der vom Volk oder Parlament beschlossenen Gesetze und Umweltbestimmungen einfordern.

Dank Einsprachen der Umweltorganisationen konnten in den letzten Jahren die Kraftwerk-Projekte im Maderanertal und Fellital, am Planggenbach und am Alpbach ökologisch optimiert und Kompensationen für verloren gegangene Lebensräume von Tieren und Pflanzen erreicht werden. Mit vereinter Kraft wurde dem Tourismus-Resort Andermatt Schranken gesetzt und zum Beispiel die Zahl der Parkplätze zugunsten der Anreise mit dem öffentlichen Verkehr begrenzt und die Sport- und Freizeitanlagen in ihrer Ausdehnung zugunsten der Natur redimensioniert. Dank einer Einsprache des VCS sind die Bushaltestellen am neuen Kantonsbahnhof auch Menschen mit Behinderung zugänglich, und im Maderanertal wurde ein Ersatz-Wanderweg geschaffen, als der alte Weg ins Etzlital zur Strasse wurde. Nicht wenige landwirtschaftlichen Erschliessungswege wären heute breiter und asphaltiert, hätte nicht der Umweltrat die Bremse gezogen.

Praktischer Umweltschutz

Die Urner Umweltorganisationen legen auch ganz praktisch Hand an. Schon seit Jahrzehnten ist die Flüeler Schützenrütti am Urnersee ein von Pro Natura gepflegtes Natur-Juwel, heute umgeben vom grösseren Naturschutzgebiet, das der Kanton 1980 mit dem Reussdeltagesetz geschaffen hat. Seit fast 20 Jahren organisiert Pro Natura Uri im Meiental Arbeitseinsatzeinsätze. Dabei wurden in all den Jahren die Talbevölkerung in der Bewirtschaftung der steilen und im Frühling beim «Schönen» der von Lawinen «übersaarten» Wiesen unterstützt. Ein Biotop pflegt auch der WWF an der Niederhofenstrasse in Erstfeld. Aktuell läuft eine WWF-Aktion zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Wiesel im Landwirtschaftsgebiet. Und ohne VCS gäbe es die beliebte Velobörse, die jeden Frühling auf dem Altdorfer Lehnplatz über die Bühne geht und schon unzähligen gebrauchten Velos ein zweites Leben eingehaucht hat, nicht. Und ohne ihn gäbe es auch die Mobilitätskurse für Seniorinnen und Senioren nicht, die zweimal jährlich zusammen mit Pro Senectute durchgeführt werden.

Öffentlichkeitsarbeit und Meinungsbildung

Umweltschutz beginnt mit Aufklärung und Meinungsbildung. Zur Tätigkeit der Umweltorganisationen gehört die Information der Öffentlichkeit. Zum Beispiel mit einer Ausstellung des WWF über Wolf, Luchs und Bär (2017). Mit sporadischen Polit-Apéros für den Landrat bringt sich der Umweltrat auch in die Diskussion mit dem kantonalen Gesetzgeber ein, in den letzten Jahren zweimal zum Thema Solarenergie. Die Umweltorganisationen scheuen sich auch nicht, selbst politisch aktiv zu werden. Dank einer Petition des VCS gibt es heute eine Bushaltestelle beim Urnertor.

Oft genug sind es kantonale oder eidg. Abstimmungen, die den Einsatz des Urner Umweltrates fordern. NEAT, Alpen-Initiative, WOV und Radwegausbau, Jagdgesetz, Gentech-Moratorium, Atomausstieg und viele andere haben den Umweltrat in den letzten 30 Jahren beschäftigt. Und nicht immer sind ihre Anstrengungen erfolgreich, wie die zweite Röhre und das CO2-Gesetz zeigen. Selbst beschlossene Gesetze bringen noch keinen Umweltschutz, wenn sie nicht umgesetzt werden. Die national einmalige Wydenaue bei Realp zu schützen, war ein langjähriges Ziel von Pro Natura. Mit der Aufhebung des Zeltplatzes und der Renaturierung der Reuss konnte die Aue der intensiven Nutzung entzogen werden. Leider fehlt aber bis heute das vom RR erlassene Schutzreglement, genauso wie für andere zu schützende Objekte. Oder Reglemente werden – wie beispielweise die Benutzerreglemente für Erschliessungsstrassen – nicht genügend durchgesetzt – ein Dauerbrenner in den Diskussionen im Urner Umweltrat.

So bleibt der Einsatz weiterhin wichtig, wofür sich UUR seit 30 Jahren arbeitet: ein lebenswertes Uri für kommende Generationen.

30 Jahre Urner Umweltrat, Foto: Franka Kruse, Urner Wochenblatt
30 Jahre Urner Umweltrat, Foto: Franka Kruse, Urner Wochenblatt. Von links: Toni Moser, AefU; Fabian Haas, WWF; Harriet Kluge, VCS Uri; Pia Tresch, Pro Natura Uri; Raphael Walker, VCS Uri; Mana Kieliger, Pro Natura Uri; Alf Arnold, VCS Uri.
v.l.: Toni Moser, Pia Tresch, Alf Arnold, Harriet Kluge, Fabian Haas, Raphael Walker.