Mehr Solarstrom, mehr Windenergie und eine Erhöhung der Göscheneralp-Staumauer sind nach Meinung des Urner Umweltrats die wesentlichen Rezepte für die Sicherung der kantonalen Stromversorgung. Die Zitrone Wasserkraft hingegen ist nach Ansicht der Umweltorganisationen ausgepresst. Aus Gründen des Umwelt- und Landschaftsschutzes sollen keine weiteren Wasserkraftwerke mehr gebaut werden.
Landrat Ruedi Wyrsch, Flüelen, und vier weitere Mitglieder der CVP-Fraktion machen sich Sorgen um die Stromversorgung des Kantons Uri. Sie stellen dem Regierungsrat in einer Interpellation vom 3. Februar 2021 wichtige und berechtigte Fragen. Zwei andere Grossrisiken dürfen dabei aber nicht vergessen werden: die Klimaüberhitzung und ein atomarer GAU. Die Umsetzung von griffigen Massnahmen, die den Ausstoss von klimaschädigenden Gasen gegen null reduzieren, ist dringend. Uri kann und muss dafür mit dem neuen Energiegesetz einen wichtigen Schritt nach vorne machen. Für den Urner Umweltrat ist aber ebenso wichtig, dass der vom Volk beschlossene Atomausstieg nicht hinausgezögert wird.
Stromlücke im Winter vermeiden
Die Urner Umweltorganisationen sind sich bewusst, dass der nötige Umbau unserer Energieversorgung eine grosse Herausforderung darstellt und der Ersatz von fossilen Energieträgern und Atomstrom nach einer Stärkung anderer Energiequellen verlangt. Mit dem bereits erfolgten Ausbau der Wasserkraft hat der Kanton Uri einen grossen Beitrag dazu geleistet. «Die Verstromung der letzten frei fliessenden Bäche in Uri darf nicht der Preis für den Umbau der Energieversorgung sein», sagt Tamara Diethelm, Gewässerspezialistin beim WWF Uri. Die Umweltorganisationen wehren sich insbesondere gegen die Nutzung der Meienreuss. Dies umso mehr, als diese wie auch alle andern in den letzten Jahren in die Röhren gezwungenen Urner Gewässer mangels Wasserspeicher kaum etwas zur Beseitigung der potenziellen Mangellage im Winter beitragen.
«Die Winterstromversorgung könnte mit einer Vergrösserung des Stauvolumens des Göscheneralpsees effektiver angegangen werden», sagt Alf Arnold, Vorstandsmitglied des VCS Uri. Die Umweltorganisationen fordern den Regierungsrat deshalb auf, noch einmal über die Erhöhung der Staumauer zu verhandeln. Das bereits bewilligte Projekt war 2011 nur an der Uneinigkeit zwischen Kanton, Korporation Uri und der Kraftwerk Göschenen AG über den Restwert der Anlagen beim Heimfall gescheitert. Inzwischen haben sich die Voraussetzungen geändert. Das neue Energiegesetz des Bundes bietet für Projekte, welche zu einer Verschiebung der Produktion ins Winterhalbjahr beitragen, grosse Subventionen an. «Die Umweltorganisationen haben schon damals ihr Einverständnis zur Erhöhung der Staumauer um 8 Meter gegeben, für die notwendigen Ersatzmassnahmen konnten Lösungen gefunden werden», sagt Pia Tresch, Geschäftsleiterin von Pro Natura Uri. Eine Erhöhung der Staumauer erhöht auch die Winterproduktion der unterliegenden Kraftwerke Wassen und Amsteg.
Grosses Potenzial auf unseren Dächern
Ein zweites starkes Standbein der Stromversorgung muss die Solarenergie sein, denn hier besteht auch in Uri noch ein riesiges Potenzial auf den Dächern von Häusern, Fabrikhallen, und Ställen sowie auf Infrastrukturen des Verkehrs. Vor allem in höheren Lagen kann auch im Winterhalbjahr viel Solarstrom gewonnen werden. Durch zusätzliche Windräder am Gütsch kann auch die Windkraft, die ihren Leistungshöhepunkt im Winter hat, noch mehr genutzt werden. Im Weiteren schlagen die Urner Umweltorganisationen vor, das Urner Stromnetz in potenziell autarke Zellen aufzuteilen, in denen der produzierte Strom in gemeinsamen Stromspeichern gelagert werden kann. Die deutsche Gemeinde Bordesholm mit rund 7500 EinwohnerInnen hat diesen Weg eingeschlagen.